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Wer trägt die Kosten

Die Kosten von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, lassen sich in Kosten der Maßnahmen und Kosten der Lohnfortzahlung für die Arbeitnehmer splitten. Daneben entstehen Folgekosten der Bildungsinvestitionen, der Arbeitnehmer erwartet "einen anforderungshöheren Arbeitsplatz mit höheren Entgeltansprüchen."128 Neben der notwendigen Orientierung auf Kostenminimierung seitens der Arbeitgeberseite, argumentieren diese mit ihren eingeschränkten Verfügungsrechten über die Bildungsinvestitionen in die Arbeitnehmer. Dieser Punkt wird in den nächsten Abschnitten noch eingehender betrachtet. Die Arbeitnehmervertreter dagegen führen Motivations- und Gerechtigkeitserwägungen in die Diskussion ein.
Im Einzelnen besteht seitens der Gewerkschaften ein Interesse an der Kostenübernahme durch die Arbeitgeber in folgenden Punkten:129
*


\begin{indenting}{2.54cm}
Lohnfortzahlung f\uml {u}r die Zeit der Bildungsma\ss{}nahme, inclusive eventueller
Reisezeiten.
\end{indenting}
*


\begin{indenting}{2.54cm}
Freizeitausgleich f\uml {u}r Bildungsma\ss{}nahmen au\ss{}erhalb der regul\uml {a}ren Arbeitszeit.
\end{indenting}


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\begin{indenting}{2.54cm}
\uml {U}bernahme der Kosten, welche dem Teilnehmer der...
...nahme entstehen, wie Reisekosten, Teilnehmergeb\uml {u}hren etc.
\end{indenting}


Darüber hinaus wird ein befristeter Lohnzuschlag für Teilnehmer von Qualifizierungsmaßnahmen angestrebt, soweit die Maßnahme nicht direkt eine Höhergruppierung des Teilnehmers zur Folge hat.
Diesen Forderungen steht die Arbeitgeberseite nicht in allen Punkten ablehnend gegenüber: "Die Ausgaben für berufliche Weiterbildung, besonders die Kursgebühren, können erheblich sein. Ihre Finanzierung durch die Mitarbeiter wäre in vielen Fällen wahrscheinlich schwer zumutbar, auf jeden Fall wenig sozialverträglich. Freizeit in die berufliche Bildung zu investieren, wäre dagegen auf jeden Fall zumutbar".130 Diese Einschätzung der Arbeitgebervertreter, wird mit den kurzen Arbeitszeiten in Deutschland und den eingeschränkten Verfügungsrechten der Arbeitgeber begründet. Das Konzept der geteilten Kosten, als $\gg$Lasten-sharing$\ll$ bezeichnet, wird anhand einer Empfehlung der EG-Kommission (ohne Quellenangabe) legitimiert. Die Kommission hat eine Teilung der Kosten der beruflichen Weiterbildung zwischen Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer für sinnvoll erklärt131, da alle Teile die Vorteile der Qualifizierung genießen. Abseits dieser politisch-moralischen Begründung eines erforderlichen $\gg$Lasten-sharing$\ll$, werden wirtschaftliche Sachzwänge in die Diskussion gebracht: "Es ist wachstums- und beschäftigungspolitisch kontraproduktiv, den Produktionsfaktor $\gg$Qualifikation$\ll$ durch kostspielige berufliche Weiterbildung verbessern zu wollen und gleichzeitig wieder durch Arbeitszeitverkürzung zumindest teilweise zu entwerten".132 In diesem Zusammenhang wird auf die internationale Konkurrenz verwiesen, insbesondere Japan, wo niedrigere Kostenstrukturen, wie längere Arbeitszeiten und stärkeres individuelles Bildungsengagement, die Wettbewerbsfähigkeit stärkten.
Die Gesamtaufwendungen der privaten Wirtschaft für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sind, wie bereits im Kapitel zu den Akteuren gezeigt, kaum quantifizierbar. Daher soll hier das Beispiel IBM-Deutschland die Kostenrelationen illustrieren: "180 Millionen Mark gibt das High-Tech-Unternehmen jährlich für die Qualifizierung seiner 31000 Mitarbeiter aus, sogar 310 Millionen, rechnet man die Lohnfortzahlung und die Produktivitätseinbuße während der Seminare mit...mit 64 Millionen Mark jährlich schlagen die Nebenkosten der Seminare zu Buche."133
Diese Kosten teilen sich ähnlich auf, wie v.Bardeleben/Böll/Kühn sie in ihrer Studie134 errechneten, liegen jedoch in der Summe pro Mitarbeiter unter dem Werten der Studie.
Überleitend zum nächsten Punkt, soll hier abschließend ein weiterer Aspekt der Kosten der Aus- und Fortbildung erwähnt werden. Es ist dies die Einflußnahme auf die Finanzierungsrechte, welche Perspektiven der Einflußnahme auf Formen und Inhalte von Aus- und Fortbildung eröffnet. So wird gewerkschaftsseitig gefordert: "Wir brauchen eine Weiterentwicklung des dualen Berufsbildungssystems. Wir brauchen Instrumente der zukunftsgerichteten Qualifikationslenkung, etwa durch eine andere Finanzierung der Berufsausbildung, die auf mehr Mitbestimmung basiert."135


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Matthias Steppuhn 2003-07-05